Zweimal im Jahr – und zu besonderen Zeiten wie während der Corona-Krise – finden beispielsweise interaktive Gottesdienste statt – und der Kirchenraum wird zum Fernsehstudio. Regelmäßig gibt es neben Gottesdiensten auch Konzerte und Theateraufführungen, viele Angebote für Jugendliche und junge Menschen locken ein breites Publikum an. So war eine Beleuchtung gefordert, die so flexibel und gleichzeitig so dezent wie möglich ist. Das Team um Gerhard Geibel hat anstelle der sonst oft üblichen Pendelleuchten, die eine zweite Ebene geschaffen und so den Eindruck des Raumgefüges gestört hätten, schmale Lichtbänder in die Holzabhangdecke integriert. Geschickt spielen die Planer hier mit den innenarchitektonischen Gegebenheiten: die Decke besteht aus Holzlamellen, die LED-Bandprofile sind in die Zwischenräume eingesetzt und scheinen so als Bestandteil der Decke.
Der Clou: spezielle Linsen auf den vom Teninger Hersteller LIKU gefertigten Leuchten lenken das Licht zielgerichtet nach unten – so geht so wenig Licht als möglich im Raum verloren, sondern kommt da an, wo es wirklich gebraucht wird. Für das Einleuchten wurden die Leuchten flexibel gelagert angebracht. Diese Kunstgriffe waren nötig, da sich die Dachflächen in verschiedenen Winkeln neigen, ein simples Verteilen der Lichtquellen im Raum hätte nicht genügt. Das Team von Planlight arbeitet bei seinen Konzepten immer interdisziplinär: Eigene Bauzeichner erstellten 3D-Modelle der Kirche, die von den Lichtplanern in den speziellen Softwareprogrammen genutzt werden konnten, um die optimale Lichtverteilung zu berechnen.
Medienarchitektur: Licht, Ton, Video aus einer Hand
Ergänzend kamen diesem Projekt die Kompetenzen aus Geibels langjähriger Erfahrung in der Eventbranche zu Gute: nicht nur das Licht, auch die Ton -und Videotechnik stammt aus der Feder der Planlight GmbH. Extrem kleine Lautsprecher geben einen überraschend reinen und vollen Sound, der alle Nutzungsmöglichkeiten zu bedienen vermag – „Von Kirche bis Rock’n Rolle kommt immer ein geiler Sound“, so formuliert es Lichtplaner Geibel. Über ein sogenanntes Dante-Protokoll ist das Tonsystem per Netzwerk von verschiedenen Positionen des Raums flexibel in unterschiedlichen Dimensionen nutzbar. Damit ist die gesamte Installation auch erweiterbar – für die Zukunft wurde bei dieser Planung direkt von Beginn an mitgedacht.
Eine ausfahrbare Leinwand steht jederzeit zur Verfügung, auf sie wird aus großer Entfernung per fest installiertem und so simpel nutzbarem Beamer projiziert. Die Kameras für die interaktiven Gottesdienste sind so im Raum verteilt, dass sie aus verschiedenen Blickwinkeln aufnehmen können. Außerdem hat Geibel auch bei der Elektroplanung mitgedacht: im gesamten Raum sind Bodendosen verteilt, die Einspeisungen für Kameras sowie Ton- und Lichttechnik, die bei Bedarf zusätzlich eingesetzt werden können, ermöglichen. Unterstützt wird das ganze durch ein eigenes WLAN. So kann der Raum wirklich multifunktional genutzt werden. Für die digitale Zeit, die durch die Auswirkungen des „Lock-Down“ während der Corona-Krise entstand, war die Gemeinde also bestens gerüstet: alle Gottesdienste konnten sofort und ohne weitere Installation im Netz ausgestrahlt werden.
Ein multifunktionales Beleuchtungskonzept
Das Highlight der Beleuchtung versteckt sich im umlaufenden Fensterband. Hier haben die Planer die alten Neonröhren durch leistungsstarke und effiziente LED-Lichtbänder ersetzt – und aufgedoppelt! Ein Band ist in derselben warmweißen Lichtfarbe wie die Deckenleuchten gewählt. Ein Zweites gibt Licht in RGB ab und kann somit genutzt werden, um den Raum in Farbe zu tauchen. Eindrucksvoll wurde dies beim Eröffnungsgottesdienst im Oktober 2019 vorgeführt: zum Abschluss rockte die Kirchenband mit dem Ohrwurm „Narcotic“ von Liquido die Menge. Durch die Programmierung der Lichtbänder und die zusätzliche Nutzung einzelner Deckenleuchten, die einen „Blitzeffekt“ abgaben, wurde die Lichtshow dem Engagement der Musiker gerecht und kann sich auch im Vergleich zu einer großen Bühne sehen lassen.
Die komplette Beleuchtung wird nur über DMX gesteuert. So sind verschiedene Lichtszenarien vorprogrammiert, einzelne Bereiche der Kirche können getrennt geschaltet und beleuchtet werden. Außerdem entsteht ein flackerfreies Licht, was speziell für Aufnahmen mit der Kamera wichtig ist. Unterschiedliche Bestuhlungsvarianten wurden schon bei der Planung ebenso berücksichtigt wie die Nutzungsanforderungen aus der Gemeinde. So ist eine Beleuchtungssituation entstanden, die für eine Kirche vielleicht erst mal ungewöhnlich anmutet, in der variablen Nutzung aber überzeugt. Der Faktor Kosten hat natürlich eine entscheidende Rolle gespielt. Geibel konnte die Entscheider aus Kirchengemeinderat und Bauamt aber durch ein simples Argument von seinem Konzept überzeugen: Folgekosten durch aufwändig zu installierende Mietleuchten bzw. Toninstallationen bei besonderen Anlässen entfallen durch die perfekt gesteuerten und clever positionierten Leuchten und das durchdachte Tonkonzept mit Mehrfachnutzungsmöglichkeit. So geht Kirchenbeleuchtung 2.0.